März 2022
Die ehemalige Pinselfabrik Leonhardy in der Johannisstraße steht leer. Künstler aus dem Stadtteil fragen sich, ob die weitestgehend intakten Räume der alten Fabrik als Ateliers genutzt werden könnten. Doch die Stadt Nürnberg als Eigentümerin hat andere Pläne: Das Gebäude wird wohl abgerissen werden, um die angrenzenden Hesperiden-Gärten erweitern zu können. Für die Künstler*innen bleibt dann vermutlich nur die Zwischennutzung als mögliche Option.
Die freie Szene hat es schwer: langfristige Mietverträge sind die Ausnahme. Oft müssen Räumlichkeiten schon nach wenigen Jahren wieder aufgegeben werden, wie das »Auf AEG« und bei Quelle bereits geschehen ist. Aber Kunst braucht Raum und Kreative eine Perspektive. Tut die Stadt Nürnberg genug für ihre Künstler*innen? Die Frage steht seit längerem im Raum.
Die neu geschaffenen Ateliers in der Tillystraße sind ein positives Beispiel: Dort haben viele ehemalige Künstler*innen Auf AEG durch tatkräftige Unterstützung des Kulturreferats eine neue Bleibe gefunden. Natürlich braucht es trotzdem sehr viel Eigeninitiative. Ein von den Kreativen gegründeter Verein sorgt für Struktur und kümmert sich um die Vermietung des Gebäudes.
Auch im Heizhaus auf dem alten Quelle-Gelände findet man viel Engagement: Dort finden sich schon seit mehreren Jahren neben Ateliers auch Offene Werkstätten, kleine Unternehmen und ein wöchentlicher Markt, der die Anwohner mit frischem Gemüse aus dem Umland versorgt. Diesen Status musste man sich aber hart erkämpfen. Auch die neuen Mieter im Kesselhaus an der Fürther Stadtgrenze haben diese Erfahrung gemacht. Auch hier waren es ehemalige Mieter*innen der Ateliers Auf AEG, die sich dort in Eigenregie ohne Unterstützung der Stadt ein neues kreatives Zuhause geschaffen haben.
Fazit: Die freie Szene hat in Nürnberg großes Potenzial, ist aber viel zu oft nicht sichtbar.
Dezember 2021
Winter 2021: Auf dem Sebalder Platz, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Nürnberger Rathaus, steht seit September 2020 das Klimacamp. Mit einer permanenten Mahnwache machen die Aktivist*innen seit mehr als eineinviertel Jahren auf die drohenden Folgen des Klimawandels aufmerksam.
Mit ihrem Protest wollten sie erreichen, dass die gewählten Vertreter*innen der Stadtgesellschaft, die Anstrengungen, das 2015 in Paris beschlossene Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, verstärken.
Darüber hinaus haben die Aktivist*innen den Anspruch, möglichst repressions- und hierarchiefrei miteinander umzugehen. Für sie ist das Klimacamp auch der Versuch, »eine Utopie im Blickfeld des Rathauses zu leben«.
Andreas Krieglstein, der Fraktionschef der Nürnberger CSU, ließ im September 2021 verlauten, das Thema sei »durchkommuniziert«, und die Aktivist*innen sollen den Platz der Bevölkerung zurück geben. Das sahen die Klimacamper*innen völlig anders. Gemäß Ihres Wahlspruchs »Wir bleiben, bis ihr handelt« wollen sie das Klimacamp aufrechterhalten und die Mahnwache auch im zweiten Winter fortführen.
point hat die Aktivist*innen zweieinhalb Monate im Herbst und Winter 2021 bei ihrem Protest begleitet. Entstanden ist eine Reportage über Menschen, die sich mit ihrem Handeln der drohenden Klimakatastrophe in einer ihnen eigenen Radikalität entgegen stellen.
Im dritten Teil der Reportage sind Aufnahmen vom Hungerstreik der letzten Generation zu sehen – die Aufnahmen stammen von John Mio Mehnert, der zusammen mit Anny Reiser die Aktion vor dem Berliner Reichstag begleitet hat.
November 2021
Sie beraten Musiker, veranstalten Konzerte und kümmern sich um Barrierefreiheit: Andreas Jäger und Julian Menz sind die »Popularmusikberater« des Bezirks Mittelfranken.
In ihrem Büro im Kulturhaus Stein laufen die Fäden zusammen: Zwischen Schreibtisch und Teeküche wird über neuen Projekten gehirnt.
Gerade für junge Bands sind die beiden eine zentrale Anlaufstelle geworden – im Mittelpunkt steht dabei oft die Frage, wie man auch in Pandemiezeiten die Musik zum
Publikum bringen kann. Dabei hilft es, dass Julian und Andreas selbst Musiker sind und mit ihren Bands Pam Pam Ida und Me & Reas viele der Schwierigkeiten – aber auch der cleveren Ideen – aus eigener Hand kennen.
»Pop für alle!« lautet ihr Anspruch – und das bezieht sich auch auf Menschen mit Behinderungen. Gemeinsam mit dem blinden Berater Hansi Mühlbauer von der Initiative
»Barrierefrei feiern« werden Locations auf ihre Tauglichkeit für Personen mit unterschiedlichen Handicaps getestet. Und schließlich wird sogar ein Live-Konzert auf die Beine gestellt....
Juli 2021
Als im Sommer 2015 nach UNHCR Angaben mehr als 1 Million Menschen über das Mittelmeer nach Europa flohen, kamen viele von ihnen nach Nürnberg. Der damalige Oberbürgermeister der Stadt Ulrich Maly erkannte schnell, dass man den Geflüchteten, die zum großen Teil in Notunterkünften untergebracht wurden, Beschäftigungsangebote machen muss. So entstand das Projekt »Kein Abseits im Fußball«, das beim Nürnberger SportService angesiedelt wurde.
Was anfangs vor allem dazu diente, den Geflüchteten Sportangebote zu machen, hat sich im Laufe der Jahre zu einer weitreichenden Unterstützung Jugendlicher und Heranwachsender bei der Integration in Deutschland entwickelt. Neben der Kooperation mit mehreren Nürnberger Sportvereinen gibt es inzwischen eine Sport-WG, in der 17 Geflüchtete leben, die während ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung unterstützt werden. Außerdem hat sich eine eigene Projektmannschaft gebildet, die beim ASN Pfeil Phönix inzwischen auch am Ligabetrieb teilgenommen hat – bis die Pandemie kam...
Im Zentrum der Arbeit steht Andrea Ackermann, die gemeinsam mit einem Netz von ehrenamtlichen Helfern und großem eigenem Engagement das Projekt mit Leben erfüllt. Zu ihr kommen die Jugendlichen, wenn sie Schreiben der Ausländerbehörde beantworten müssen, es in Schule oder Ausbildung zu Problemen kommt oder sie einen Ausbildungsplatz suchen. Andrea sucht für jedes Problem nach einer Lösung.
Die Geflüchteten zahlen mit gesellschaftlichem Engagement zurück. Sie arbeiten als Co-Trainer bei verschiedenen Sportvereinen, machen Sportangebote an Brennpunktschulen oder bieten anderen, noch nicht so gut Deutsch sprechenden Geflüchteten Deutschunterricht an, da die Kurse an Bildungseinrichtungen auf Grund von Corona über viele Monate ausgefallen sind. Ein Projekt, das zeigt, wie wichtig Unterstützung und ein entsprechendes Umfeld sind, damit Integration gelingen kann.
August 2019
Zehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention stellt sich die Frage, ob Inklusion am Arbeitsmarkt einen entscheidenden Schritt voran gekommen ist.
300.000 Menschen arbeiten in Deutschland in Werkstätten für behinderte Menschen. Sie erhalten für ihre Arbeit nur ein Taschengeld. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben sie kaum Chancen. Solange das so ist, kann von einer Verwirklichung des Rechts auf Arbeit und Beschäftigung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention nicht die Rede sein. Aber muss man die Arbeit der Werkstätten daher in Frage stellen? Wie müssen sich Werkstätten in Zukunft aufstellen, um mehr Menschen mit Behinderung einen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen? Und was muss auf Seiten der Wirtschaft und der öffentlichen Hand passieren, um dort mehr Arbeitsverhältnisse für Menschen mit Behinderung zu schaffen?
Ausgehend von diesen Fragestellungen, die auf der Werkstätten-Messe in Nürnberg diskutiert wurden, besuchen wir zwei Einrichtungen in Nürnberg, die versuchen, behinderte Menschen am Arbeitsleben teilhaben zu lassen. Wir sprechen mit Unternehmern, die sich für die Beschäftigung behinderter Menschen entschieden haben und zeigen auf, welche finanziellen Möglichkeiten bestehen, um eine Eingliederung von Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt zu realisieren.
Letztlich zeigt die Reportage aber auch, dass es noch viel zu tun gibt, will man der UN-Behindertenrechtskonvention in allen Punkten gerecht werden. Wirkliche Inklusion würde unsere Gesellschaft gerechter und humaner machen. Sie würde den Menschen ermöglichen, ihr Potential voll zu entfalten.
März 2019
Ausstrahlung am Sonntag, dem 12. Mai (Teil 1) und Sonntag, dem 19. Mai 2024 (Teil 2), jeweils um 19:30, 21:30 und 23:30 Uhr auf Franken Fernsehen im Kabel und im Livestream, um 21:45 Uhr über Satellit auf Franken Plus
Wo in der Großstadt können Kinder heute noch ungestört herumtoben, sägen, hämmern, eine eigene Hütte bauen, sich um Tiere oder den Garten kümmern, gemeinsam kochen oder zusammen am Feuer sitzen? Wo, außer auf Aktivspielplätzen? 15 Aktivspielplätze gibt es derzeit in Nürnberg. Wir haben den AKI in Gostenhof besucht und das bunte Leben in der Nürnberger Austraße beobachtet.
Die Aktivspielplatzidee entstand in den 1970er Jahren in Skandinavien, doch schon bald wurden auch in Deutschland erste Plätze zur Verfügung gestellt, auf denen Kinder aktiv werden konnten. Zunächst, in Zeiten der antiautoritären Erziehung, waren Aktivspielplätze Orte, an denen sich Kinder selbst verwirklichen sollten, möglichst frei und unabhängig von den Vorstellungen Erwachsener.
Heute sind die Aufgaben, denen sich die Pädagogen auf den Aktivspielplätzen stellen müssen, weitaus breiter gefächert. Im Laufe seines über 40-jährigen Bestehens hat sich der AKI in Gostenhof von einem reinen Freizeitangebot zur familienergänzenden Einrichtung entwickelt, die Kinder aus unterschiedlichsten Kulturkreisen und Bildungsschichten über viele Jahre begleitet und unterstützt.
»Wir sagen immer, Bildung ist so das Gut, dass sie sich irgendwie schaffen müssen im Laufe ihrer Entwicklung, um auch was erreichen zu können im Leben, um mal irgendwie eine gute Ausbildung machen zu können, um einen guten Abschluss zu schaffen, und viele Kinder, vor allem auch die Kinder mit Migrationshintergrund, aber auch deutsche Kinder haben da oft Probleme, brauchen Unterstützung von uns, und die geben wir Ihnen jeden Tag.«
Die Möglichkeiten, seine Freizeit auf dem AKI zu verbringen, sind vielfältig. Eine der Hauptattraktionen ist der Hüttenbau – neben dem Spaß, den die Kinder dabei haben, lernen sie, mit richtigem Werkzeug zu arbeiten und sich selbst zu organisieren – natürlich mit Unterstützung der Betreuer. »Es gibt Untersuchungen, die bestätigen, dass die Erfahrungen, die die Kinder bei uns machen können, ihnen auch im übrigen Leben helfen, weil sie gelernt haben, dass es Risiken gibt im Leben, ganz grundsätzlich, und dass sie da selber auch Verantwortung haben, auf sich selber zu achten.«
Seit vielen Jahren gibt es eine Hausaufgabenbetreuung, täglich wird gemeinsam gekocht und die Kinder erhalten Hilfe, wenn es um die berufliche Zukunft geht. »Die haben mich alle gefragt, was ich werden will, habe ich gesagt, ja, weiß ich nicht, und ja, dann haben die mir eben angeboten, mit mir Bewerbungen zu schreiben, Stellen zu suchen, und durch die Fahrradwerkstatt habe ich eben gemerkt, dass ich sehr gerne mit zwei Rädern arbeiten will, und habe dann jetzt auch eine Ausbildungsstelle als Zweiradmechaniker, Fachrichtung Fahrradtechnik.«
Viele der ehemaligen Aktivspielplatzkinder kommen auch heute noch regelmäßig und fühlen sich mit dem AKI verbunden. »Auf jeden Fall habe ich gelernt, mich alleine zu beschäftigen, als Kind vor allem, und grundlegende Sachen wie Teilen und Freunde finden auch, manchmal ist es auch nicht so einfach in der Schule, wenn man z.B. irgendwie gemobbt wird oder so, hier findet man immer irgendjemanden, der einen mag.«
November 2018
Freakrunning ist eine Laufgruppe für Menschen mit und ohne psychische Erkrankung. Die Gruppe fällt schon alleine durch ihren gewollt provozierenden Namen auf. Freakrunning geht andere Wege als herkömmliche Selbsthilfegruppen. Die Laufgruppe gibt es seit über fünf Jahren und die Zahl der Mitlaufenden wächst stetig. Wir sprechen mit Jörg Bayer – dem Gründer von Freakrunning – und begleiten die Gruppe auf ihrer wöchentlichen Tour um den Wöhrder See. Dabei kommen wir auch mit weiteren Läufern ins Gespräch und befragen Mediziner, warum gerade Ausdauersportarten bei psychischen Problemen eine Therapiemöglichkeit sein können.
Volle Rückendeckung für dieses außergewöhnliche Konzept gibt es vom Verein »Nürnberger Bündnis gegen Depression«. Er wurde im Januar 2001 als bundesweit einzigartiges Modellprojekt in Nürnberg ins Leben gerufen und hat sich mittlerweile sehr erfolgreich etabliert. Evelyn Kretzschmar engagiert sich seit der Gründung in dem Verein und ist in der Reportage kompetente Ansprechpartnerin zu den Fragen, wie die gesundheitliche Situation depressiver Menschen verbessert und wie das Wissen über diese Krankheiten in der Bevölkerung erweitert werden kann.
Selbsthilfegruppen sind heute ein anerkannter und unverzichtbarer Teil unseres Gesundheits- und Sozialsystems. In Mittelfranken gibt es derzeit fast 900. Gerade bei psychischen Problemen wie Depression oder bipolaren Störungen kann Gemeinschaft helfen. Die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen, kurz »Kiss« in Nürnberg informiert, berät und unterstützt zu allen Belangen rund um die gesundheitsbezogene und soziale Selbsthilfe. Wir stellen diese Einrichtung vor und sprechen mit Mitarbeitern und Verantwortlichen über ihre Arbeit und die Erfahrungen im Umgang mit den verschiedenen Gruppen, zu denen auch die Freakrunner gehören.
Die 30-minütige Reportage zeigt am Beispiel der Freakrunner, welchen Halt und welche Unterstützung Selbsthilfegruppen den Betroffenen und Angehörigen bei psychischen Problemen geben können. Der Film möchte damit auch die Entstigmatisierung dieser Erkrankungen voran bringen.
Oktober 2018
Im September 2018 kamen Kinder und Jugendliche aus 10 Ländern zu einer Gipfelkonferenz der Kinder nach Nürnberg in die Straße der Menschenrechte.
Bei dem von Johannes Volkmann und seinem Team vom Nürnberger Papiertheater initiierten Kunstprojekt geht es darum, Kindern und Jugendlichen eine Stimme zu geben. Dazu fanden im Vorfeld in den Heimatländern der Gipfelkonferenzteilnehmer Kinderkonferenzen statt, bei denen Themen und Fragen, die die Kinder bewegen, erarbeitet und anschließend in künstlerischer Form präsentiert wurden.
Rund 60 dieser Kinder kamen jetzt nach Nürnberg und überlegten gemeinsam, wie sie ihren Belangen mehr Gewicht verschaffen können.
Sie versuchten, Konsum neu zu denken, wollten Zeichen gegen die Gewalt in der Welt setzen, stellten sich und den Erwachsenen »die Geldfrage« und machten sich Gedanken darüber, wie sie ihre Botschaften in kreativer Form unter die Menschen bringen können.
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