April 2024
Mit 84 Jahren blickt die Künstlerin Mirjami Ärmänen gelassen auf ihr Leben zurück: »Als ich geboren wurde, sagte die Hebamme, dass ich viel Glück habe. Und ich muss sagen, ich hatte nie Unglück.« Mirjami Ärmänen wurde vor dem Zweiten Weltkrieg in Karelien geboren und ließ sich nach verschiedenen Stationen in Helsinki, Berlin und New York schließlich im fränkischen Eckenhaid nieder, wo sie nach dem Vorbild ihrer Heimat ein Blockhaus baute.
Ein besonderer, verwunschener Ort ist dieses rot bemalte Anwesen mit dem wilden Garten. Mirjami führt uns durch ihr farbenfrohes Zuhause, in dem es soviel zu entdecken gibt: Neben zahlreichen eigenen Gemälden finden sich viele Objekte, die Mirjami selbst gestaltet oder in der Natur gefunden hat. Ihr Naturgarten ist bevölkert von lebensgroßen Figuren aus Recyclingmaterialien und skurrilen Kreationen, die sie aus natürlichen Fundstücken geschaffen hat.
Heute widmet sich Mirjami zwar nicht mehr aktiv der Kunst – »nur, wenn mir etwas vor die Füße kommt, stelle ich es hin« – doch sie empfängt gerne Künstlerfreund*innen und veranstaltet Sommergartenpartys nach Art der Salons vergangener Tage.
Die ehemalige Kunsterzieherin lebt heute relativ zurückgezogen mit ihrer Katze Ramona und hat klare Vorstellungen davon, wie sie ihren Abschied von dieser Welt gestalten möchte. Über ein Jahr hinweg haben wir Mirjami Ärmänen mit der Kamera begleitet. Entstanden ist das Porträt einer Frau, die mit Witz und Ironie dem nahenden Tod begegnet und dennoch jeden Tag das Leben und die kleinen Freuden zelebriert.
September 2023
»Also, als Tischlerin werden Sie dann nicht mehr arbeiten können«. Mit dieser Aussage des behandelnden Arztes wurde Melanie Kyrieleis vor knapp fünf Jahren konfrontiert. Wenige Tage zuvor war ein Aderhautmelanom diagnostiziert worden, man legte ihr deshalb nahe, das betroffene Auge operativ entfernen zu lassen.
Melanie entschied sich zu diesem Schritt; das linke Auge wurde entfernt und schon wenige Wochen später hatte sie ihren ersten Termin bei einem Augenprothetiker, einem Ocularisten. Mit einer Augenprothese, meist einem Glasauge, gleicht dieser den Verlust des Auges optisch aus und stellt die Gesichtssymmetrie wieder her. So erschütternd Melanie die Erkrankung und den teilweisen Verlust der Sehkraft erfährt, empfindet sie doch die Prothese als große Erleichterung. Wer sie nicht kennt, bemerkt nicht, dass sie ein Glasauge trägt.
Melanie, selbst Handwerkerin, ist fasziniert von der Fähigkeit des Ocularisten, von Hand ein Auge herzustellen, das von dem gesunden nicht zu unterscheiden ist. Mit der Filmemacherin Cherima Nasa begibt sie sich auf eine Spurensuche rund um das Glasauge.
Der Film begleitet sie bei einem der jährlichen Besuche bei einem Ocularisten, der aus einem Rohling ein neues Glasauge fertigt, wenn das vorherige durch das Tragen abgenutzt ist. Dann folgt er der Spur zur Produktion der Rohlinge, die traditionell in der thüringischen Kleinstadt Lauscha gefertigt werden und wo heute noch das Glasaugenmachen in sechs Ausbildungsjahren gelehrt wird.
Neben dieser Spurensuche beleuchtet der Film, wie Melanie nach dem ersten Schock ihr Leben überdenkt und sich neuen Themen widmet. So kann sie zwar entgegen der Prognose des Arztes wieder als Tischlerin arbeiten, aber sie hat auch für sich beschlossen, das zu tun, was ihr wirklich wichtig ist...
August 2017
Die Welt ist voller Dinge. Manche von ihnen verwandeln sich im Lauf ihres Lebens in Sammlerstücke und halten sich auf ihrer Reise von Mensch zu Mensch eine Weile bei Mustafa Cevik auf. Schon von früher Jugend an hat er sich in Museen, Auktionshäusern und auf Flohmärkten zum Fachmann für Kunst und Nippes, Schmuck und Spielzeug, Postkarten und Bücher ausgebildet – bis er zu einem wahrhaften Herrn der Dinge wurde. Der Film wirft einen Blick in sein faszinierendes Trödelladenreich, in dem (fast) jeder Suchende fündig wird – mehr oder minder beeinflusst von Herrn Ceviks fränkischer und türkischer Eloquenz.
März 2017
Der Künstler Fredder Wanoth beschäftigt sich seit über 20 Jahren auf ebenso eigenwillige wie phantasievolle Weise mit dem urbanen Raum, seinem Erscheinungsbild und seinen soziostrukturellen Bezügen. Systematisch bereist Wanoth seit vielen Jahren Ost- und Mitteleuropa – auf seinen Reisen nach Tschechien, Polen, Mazedonien und Russland erforscht der Künstler mit ethnologischem Gespür die mannigfaltigen Formen urbanen Lebens und urbaner Architektur.
Das Unterwegssein ist für den Städte-Sammler und Städte-Ergründer Wanoth eine Passion, die ihn abseits des touristischen Mainstreams in Städte und Ortschaften führt, die der globalen Nivellierung noch etwas entgegenzusetzen haben. Fredder Wanoth zieht es vor, ohne Navigation zu reisen, delegiert die schöne Aufgabe der Reise- und Routenplanung an kein satelliten-gestütztes Global Positioning System (GPS), sondern lässt sich treiben und von den Dingen, die ihm begegnen, berühren.
Die Reiseeindrücke werden mit einer einfachen Kompaktkamera festgehalten und später in Skizzen umgesetzt, die man dann in den zahlreichen Reisetagebüchern und Arbeitsjournalen des Künstlers bestaunen kann. Gleichzeitig dienen die Fotos als Material- und Ideenspeicher für seine visionären architektonischen Gegenentwürfe.
Häufiger Begleiter – speziell auf Zugreisen – ist der Schriftsteller Elmar Tannert. Gemeinsam fahren sie in die böhmische Kleinstadt Sokolov und werden dabei von der Filmemacherin Cherima Nasa begleitet.
August 2012
»Hier ist es einfach so friedlich!« Die junge Frau ist vom Rundblick über ihren kleinen Garten sehr angetan: Sie hat es nie bereut, sich vor einem Jahr für das Pachten einer Parzelle in der Schrebergartenanlage Baggerloch entschieden zu haben. Neben den Alteingesessenen, die ihre Gärten hier oft schon von der Elterngeneration übernommen haben, entdecken auch junge Menschen und Familien mit kleinen Kindern zunehmend die Kolonien als erholsamen Ausgleich zum hektischen Leben in der Stadt.
Insbesondere Bürger mit Migrationshintergrund sind in der Anlage verhältnismäßig stark vertreten: Eine türkische Familie hat in ihrem Garten die ideale Möglichkeit gefunden, das Beisammensein im Kreis der großen Familie mit dem Aufenthalt in der Natur zu verbinden. Ihre Nachbarn, die den Garten schon in der zweiten Generation bewirtschaften, sind gelassen, auch wenn es nebenan mal turbulenter zugeht. Sie sind Rentner, und da sie aufgrund regelmäßiger Dialyse-Behandlungen keine Reisen mehr unternehmen können, ist ihnen die grüne Oase ihres Gartens zur zweiten Heimat geworden. »Wenn wir den nicht hätten, wo willst denn dann hin?« fassen sie es kurz und bündig zusammen.
Auch der ehemalige Vereinsvorsitzende Herr Kaiser verbringt viel Zeit im Baggerloch – manchmal mehr, als ihm lieb ist. Denn obwohl für frei werdende Gärten immer schnell ein Nachfolger gefunden werden kann, zeigen die neuen Pächter wenig Neigung zum Engagement in der Vereinsarbeit. Da sich schon seit Jahren kein Mitglied bereit erklärt, sein Amt zu übernehmen, führt er den Vorsitz kommissarisch weiter – trotz Gehbehinderung und seines hohen Alters von inzwischen fast 80 Jahren.
Jüngste Kommentare