Februar 2024
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Seit mehr als einem Jahr begleiten wir die Nürnberg Fürther Ortsgruppe von Extinction Rebellion, kurz XR.
Die Klimaaktivist*innen versuchen, Politik, Wirtschaft und Bevölkerung davon zu überzeugen, dass unser derzeitiges Handeln nicht ausreicht, um die Erderwärmung, wie von der Weltgemeinschaft bereits 1997 im sogenannten Kyotoprotokoll beschlossen, auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Um auf die Dringlichkeit der Situation aufmerksam zu machen, organisiert XR phantasievolle Protestaktionen und greift dabei auch auf Formen des Zivilen Ungehorsams zurück.
Zwei Aktivist*innen möchten wir in diesem Portrait näher vorstellen: Sarah Kuhn ist 26 und hat vor kurzem ihr Musikstudium abgeschlossen. (Foto: Florian Henig)
Achim Scheidl ist 58, selbstständig und im Bereich Energietechnik tätig. (Foto: Stefan Müller/PIC ONE)
Vor gut einem Jahr standen die beiden erstmals vor Gericht. Sie hatten an einer Straßenblockade teilgenommen, um so der Forderung nach einem Essensrettengesetz Nachdruck zu verleihen. Das Gericht verurteilte sie und attestierte ihnen in der Urteilsbegründung »verwerfliches Handeln«. Das wollten die beiden und ihre Mitangeklagten nicht akzeptieren und gingen in Berufung. Sarah: »Es ist nicht verwerflich, sich für den Erhalt von Menschenleben und von der Artenvielfalt einzusetzen. Und genau das haben wir getan.« Achim: »Ich will einen Freispruch, weil ich nicht als verwerflich handelnd durchs Leben gehen möchte.«
Wir haben Sarah und Achim in der Zeit zwischen den beiden Prozessen bei ihren klimaaktivistischen Aktivitäten begleitet und mit Freunden von Sarah und Achims Ehefrau gesprochen.
Wir haben zwei Menschen kennen gelernt, die aus Verzweiflung über die Negierung der Klimakrise von Politik und Bevölkerung in ihrem Protest bewusst Gesetze brechen, um auf die Dringlichkeit des Handelns hinzuweisen und dabei hohe Geldstrafen und im Extremfall sogar eine Vorstrafe oder Gefängnis riskieren.
Achim: »Ich werde krank dabei, wenn ich mich einfach auf Sofa setzen würde und nichts mehr tue, ich muss da weitermachen.« Sarah: »Ich lasse mich jetzt nicht von einem Urteil abschrecken davon, Aktivisti zu sein. Das war richtig und ich habe es aus Überzeugung getan und meine Überzeugungen haben sich nicht geändert.«
Hier könnt Ihr alle 3 Teile in ganzer Länge anschauen!
Dezember 2023
Seit über 30 Jahren besteht die Künstlergruppe Chroma Omada schon. Im Atelier an der Glogauer Straße in Nürnberg Langwasser trifft man auf kreative Menschen und spannende Kunst in einer großen Bandbreite. Auf zwei Stockwerken verteilt stehen, hängen oder liegen Werke aus den vergangen Monaten und viele gerade im Entstehen. Überall wird gemalt, geschliffen, geschnitten und gesprüht. Die Atmosphäre ist besonders: fokussiert, konzentriert aber auch sehr entspannt, fast meditativ erlebt man die Mitglieder von Chroma Omada bei der Arbeit an ihren Werken.
Die inklusive Künstlergruppe der Noris Inklusion widmet sich aktuell der Streetart und Graffiti-Kunst. Zum wiederholten Mal waren sie im Sommer nun schon Gast beim Streetart-Festival am Gemeinschaftshaus Langwasser. Dort erfahren sie Anerkennung und begeben sich in einen kreativen Austausch mit anderen Künstlern. Ihr Bild von drei überdimensional großen Affen an einer Wand beim Festival vor vier Jahren war Ansage und Ausrufezeichen zugleich. Seitdem begegnen sie sich mit anderen Vertretern der Szene auf Augenhöhe.
Der künstlerische Leiter Wolfgang Zeilinger gibt den Menschen Hilfestellung in kreativen Fragen und unterstützt bei Ideenfindung und Motivwahl. Zeilinger, selbst freischaffender Künstler, gibt die Richtung vor, sorgt für den professionellen Überbau. Er hat Chroma Omada ins Lebens gerufen und die Künstlergruppe mittlerweile auch am regionalen Kunstmarkt etabliert.
Die Werke lassen sich mittlerweile gut vermarkten. Auch große Unternehmen aus der Metropolregion sind schon auf die Kunst aufmerksam geworden. Die VAG beispielsweise stellt aktuell Bilder in den U‑Bahnhöfen Langwasser und Hohe Marter aus.
Oktober 2023
Wer schon einmal im Internet etwas über die Stadt Fürth oder deren Lokalgeschichte gesucht hat, wird vermutlich auf den Seiten des FürthWiki gelandet sein. Seit 2007 gibt es eine eigene Online-Enzyklopädie über die Kleeblattstadt, bei der sich viele Ehrenamtliche mit der Aufarbeitung der Stadtgeschichte beschäftigen und dieses Wissen kostenlos im Internet zur Verfügung stellen.
Die Fürther Gustavstraße, durch die einst mit der B8 eine der wichtigsten Bundesstraßen der Region führte, hat eine lange und wechselvolle Geschichte hinter sich. So auch das Haus in der Gustavstraße 12. Als das große Ladenlokal im Erdgeschoss im Jahr 2020 wieder einmal leer stand, mietete sich FürthWiki hier ein.
Mit dem FürthWiki-Laden hat das Online-Nachschlagewerk jetzt auch eine analoge Anlaufstelle. Möglich macht dies Wikimedia Deutschland e. V., der deutsche Ableger der Wikimedia-Foundation, der das Projekt auf Grund seiner Sonderstellung in Deutschland fördert.
Trotz eingeschränkter Nutzungsmöglichkeiten, die die Corona-Pandemie im ersten Jahr mit sich brachte, haben hier inzwischen vielfältige Aktivitäten rund um die Fürther Enzyklopädie eine Heimat gefunden.
Vom Mitmach-Mittwoch, an dem sich aktive Mitarbeiter*innen zusammenfinden und gemeinsam an Projekten arbeiten, über einen reinen Frauentag, bei dem es darum geht, Fürther Frauenbiographien sichtbar zu machen über eine wöchentliche Sprechstunde, zu der Mensch geschichtsträchtige Dinge vorbeibringen kann oder auch Fragen beantwortet bekommt, bis hin zur Entwicklung von Kooperationsprojekten – ist hier alles möglich.
FürthWiki nimmt derzeit eine Sonderstellung unter den Regionalwikis in Deutschland ein. Damit dies auch so bleibt, macht man sich schon jetzt Gedanken über die Zukunft. So stellen sich die Aktiven beispielsweise auch die Frage, was die Vernetzung von Suchmaschinen mit KI für Auswirkungen auf die Auffindbarkeit von Hintergrundinformationen eines Regionalwikis haben wird.
Hier in voller Länge anzusehen:
Diese Reportage ist unter freier Lizenz CC BY-SA 4.0 veröffentlicht.
September 2023
»Also, als Tischlerin werden Sie dann nicht mehr arbeiten können«. Mit dieser Aussage des behandelnden Arztes wurde Melanie Kyrieleis vor knapp fünf Jahren konfrontiert. Wenige Tage zuvor war ein Aderhautmelanom diagnostiziert worden, man legte ihr deshalb nahe, das betroffene Auge operativ entfernen zu lassen.
Melanie entschied sich zu diesem Schritt; das linke Auge wurde entfernt und schon wenige Wochen später hatte sie ihren ersten Termin bei einem Augenprothetiker, einem Ocularisten. Mit einer Augenprothese, meist einem Glasauge, gleicht dieser den Verlust des Auges optisch aus und stellt die Gesichtssymmetrie wieder her. So erschütternd Melanie die Erkrankung und den teilweisen Verlust der Sehkraft erfährt, empfindet sie doch die Prothese als große Erleichterung. Wer sie nicht kennt, bemerkt nicht, dass sie ein Glasauge trägt.
Melanie, selbst Handwerkerin, ist fasziniert von der Fähigkeit des Ocularisten, von Hand ein Auge herzustellen, das von dem gesunden nicht zu unterscheiden ist. Mit der Filmemacherin Cherima Nasa begibt sie sich auf eine Spurensuche rund um das Glasauge.
Der Film begleitet sie bei einem der jährlichen Besuche bei einem Ocularisten, der aus einem Rohling ein neues Glasauge fertigt, wenn das vorherige durch das Tragen abgenutzt ist. Dann folgt er der Spur zur Produktion der Rohlinge, die traditionell in der thüringischen Kleinstadt Lauscha gefertigt werden und wo heute noch das Glasaugenmachen in sechs Ausbildungsjahren gelehrt wird.
Neben dieser Spurensuche beleuchtet der Film, wie Melanie nach dem ersten Schock ihr Leben überdenkt und sich neuen Themen widmet. So kann sie zwar entgegen der Prognose des Arztes wieder als Tischlerin arbeiten, aber sie hat auch für sich beschlossen, das zu tun, was ihr wirklich wichtig ist...
August 2023
17 Millionen Menschen essen in Deutschland regelmäßig in Kantinen, Mensas oder Schulküchen. Die Außerhausverpflegung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Auch die Speisepläne passen sich den neuen Essgewohnheiten an. Der Fokus liegt verstärkt auf biologische und regionale Zutaten. Gesundes Essen hat mit Lebensqualität und Genuss zu tun. Ein wichtiger Aspekt, gerade in den Kitas und Schulen.
Die Stadt Nürnberg, als ausgewiesene Biometropole, hat sich dabei ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Sie möchte den Bioanteil in Schulen bis 2026 auf 75 Prozent steigern. Aktuell liegt dieser noch bei 50 Prozent. Um diesem Ziel näher zu kommen, ist Nürnberg neben Essen beim EU-Projekt »SchoolFood4Change« dabei.
Fünf Schulen sind schon im Boot. Unter anderem die Mittelschule Schlössleinsgasse und die Adam-Kraft-Realschule. Hier wird den Schülerinnen und Schülern gesundes Essen näher gebracht. Dabei helfen soll zum Beispiel ein Mensarat, der bei der Auswahl der angebotenen Gerichte mitbestimmt.
Den Catering-Unternehmen kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Sie müssen für die Zubereitung und Beschaffung von gesunden Zutaten sorgen. Das ist oft nicht ganz einfach. In der Adam-Kraft-Realschule beispielsweise müssen täglich bis zu 330 Schulessen zubereitet werden. Ein Zulieferer, der solche Mengen auch stemmen kann, ist wichtig für die regelmäßige Versorgung mit Bioessen.
Um diese Wertschöpfungsketten vom Anbau über den Vertrieb bis auf den Teller der Kantinengäste zu gewährleisten, hat sich Anfang 2023 die Regionalwert AG Franken gegründet. Verbraucherinnen und Verbraucher können Aktien der AG erwerben und so die Produktion von Bioprodukten fördern, regionale Wertschöpfungsketten aufbauen und dafür sorgen, dass auch in Mensas und Kantinen verstärkt gesundes Essen auf den Speiseplänen zu finden ist.
Juni 2023
Mit der Losung »Jetzt ist die Zeit« fand vom 7. bis 11. Juni 2023 der 38. Evangelische Kirchentag in Nürnberg statt. In über 2000 Veranstaltungen wurde gefeiert, diskutiert und reflektiert. Mit ca. 60 Veranstaltungen war der Klimawandel eines der zentralen Themen der Veranstaltung.
Wir wollten wissen, wie stehen die Veranstalter*innen und Kirchentagsbesucher*innen zur Klimakrise und was erwarten sie von ihrer Kirche? Darf, soll oder muss die Kirche zur Klimakrise klarer Stellung beziehen, wenn sie sich die Bewahrung der Schöpfung auf die Fahnen schreibt?
Auf verschiedenen Podien wurde darüber mit Wissenschaftler*innen, Theolog*innen, Politiker*innen und Aktivist*innen diskutiert. Mit Veranstaltungen wie einer Gehmeditation und einer Menschenkette wurde das Thema in die Stadt getragen.
Die Notwendigkeit, die klimapolitischen Aktivitäten zu intensivieren, wurde allgemein bejaht, über den Weg dahin gingen die Meinungen allerdings auseinander.
Reicht es, Petitionen zu schreiben, zu demonstrieren und zu diskutieren oder ist es notwendig, zu Mitteln des Zivilen Ungehorsams zu greifen? Ein Gruppe von Pfarrer*innen, kirchlich engagierten Laien und Mitgliedern von Extinction Rebellion und der Letzten Generation war der Meinung, dass aufgrund der Dringlichkeit des Handelns, Reden alleine nicht mehr ausreicht. Sie klebten sich während des Kirchentags vor dem Nürnberger Hauptbahnhof auf zwei Straßen fest…
Der Film beleuchtet den Umgang der evangelischen Kirche mit der Klimakrise. In einer Parallelmontage von offiziellen Veranstaltungen des Kirchentages und der Straßenblockadeaktion werden die verschiedenen Argumente, Vorstellungen und Beweggründe der Menschen erlebbar, so dass die Zuschauer*innen die Möglichkeit haben, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Hier könnt Ihr den Film in ganzer Länge anschauen!
Mai 2023
Vom 12. bis 17. April 2023 lud Extinction Rebellion Klimaaktivisti zur Frühlingsrebellion in Berlin ein. Auch über 20 Menschen aus Nürnberg und Fürth reisten an, um gegen den Umgang der Politik mit der Klimakrise zu protestieren und sich für den Schutz der Biodiversität einzusetzen.
Auf dem Gelände des Invalidenparks wurde ein Klimacamp errichtet, von dem aus verschiedene Aktionen rund um den Potsdamer Platz und das Regierungsviertel geplant wurden.
Eine Woche lang setzte Extinction Rebellion mit kreativen und phantasievollen Aktionen ein Zeichen, um Bevölkerung und Politik für die Dringlichkeit der Erreichung der selbstgesteckten Klimaziele zu sensibilisieren.
Die Aktivisti organisierten Die-Ins und Flashmobs sowie Aktionen des Zivilen Ungehorsams, bei denen sie klimaschädliche Aktivitäten von Konzernen und Lobbyvereinen ins Zentrum ihrer Kritik rückten.
Zudem gab es eine »Demo der Superreichen«, in der sie auf sarkastische Weise deren Lebensstil anprangerten. »Wir können es uns nicht mehr leisten, dass 1% der Weltbevölkerung über 50% des Vermögens verfügt.«
Wir haben die Nürnberg-Fürther Ortsgruppe während dieser fünf Tage mit der Kamera begleitet und erlebt, mit wie viel Herzblut und Empathie sie für ihre Überzeugung kämpfen.
Hier könnt Ihr den Film in ganzer Länge anschauen!
März 2023
El Mago Masin, wohnhaft in Nürnberg und seit vielen Jahren auf so gut wie allen Comedy-Bühnen in Deutschland präsent, ist ein Allroundtalent. Der stolze Vater von Zwillingsmädchen besticht nicht nur mit virtuosem Gitarrenspiel und anarchistischem Wortwitz auf der Bühne.
Er hat auch unheimlich viel Lust aufs Basteln, was er unter anderem an seiner »LML«, einem Nachbau der legendären Vespa PX auslebt: »Wenn ich nicht auf der Bühne wäre, dann wär’ ich Bastelkönig... irgendwas mit Kabeln wahrscheinlich. Oder mit Bewegungsmeldern.«
El Mago Masin mag kein Schubladendenken – »Ich wüsste nicht, wie ich mich selbst bezeichnen sollte«. Seine Auftritte sind in den seltensten Fällen politisch, aber wenn er gebeten wird, Pate für eine Schule ohne Rassismus zu werden, ist er gerne dazu bereit, schreibt mit den Schülern ein Lied und produziert anschließend mit ihnen ein farbenfrohes Musikvideo.
Die Jahre der Pandemie sind aber auch für ihn eine harte Zeit. Abgesehen von einzelnen Auftritten auf Kreuzfahrtschiffen liegt auch für den Comedian das kulturelle Leben in Deutschland brach. Für El Mago Masin kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen: Er spielt für Frau und Kinder den Hausmann, wäscht die Wäsche oder kocht »nach Gefühl« das Mittagessen und fragt sich, ob das vielleicht auch auf Dauer Spaß machen könnte.
Schon bald findet er aber neue Betätigungsfelder: Er schreibt ein Kinderbuch, gründet nebenbei einen Buchverlag und kauft sich ein altes Wohnmobil, welches er herrichtet und damit anschließend nach Polen fährt. Um dort dem kleinsten Pferd der Welt ein Lied zu spielen – natürlich auf Polnisch.
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